31.01.2014

Nachgefragt zur Situation in der Ukraine

„Die Bilder machen mir Angst“

Mit Sorge blickt Pfarrer Roman Maksymtsiv von der ukrainisch-griechisch-katholischen Kirchengemeinde in Hannover auf das aktuelle Geschehen in seiner Heimat.

Bei eisigen Temperaturen demonstrieren zehntausende Ukrainer seit Wochen auf dem Majdan in Kiew, dem Platz der Unabhängigkeit. Sie demonstrieren gegen die Regierung, die sich gegen die Mehrheit des Volkes sowie den Weg nach Europa wendet und sich wieder enger an Russland bindet. Immer härter gehen die Sicherheitskräfte in der Ukraine gegen die Menschen vor. Mittlerweile sind Tote zu beklagen. Gleichzeitig breitet sich der Unmut der Ukrainer über das ganze Land aus. Die Demonstranten besetzen Regierungsgebäude und vertreiben Politiker aus ihren Ämtern. Foto: Mstyslav Chernov/WikimediaCommons
 

Wie beurteilen Sie die Situation in der Ukraine?

Die Lage ist sehr angespannt und kann jederzeit weiter eskalieren. Die Menschen sind unzufrieden mit der Regierung und dem Staatspräsidenten. Die Ukraine war schon so europäisch ausgerichtet, auch in ihrer Politik. Das wird von der jetzigen Regierung alles über den Haufen geworfen – und dagegen demonstrieren die Menschen. Aber es geht um viel mehr, es geht um die Rechte jedes Einzelnen, um Menschenwürde, Demokratie, Meinungs- und Religionsfreiheit. So sollte zum Beispiel noch vor Kurzem die griechisch-katholische Kirche in meiner Heimat verboten werden. Dieses Ansinnen hat die Regierung zum Glück aber nicht weiter verfolgt.

Wo steht die Kirche bei dieser Auseinandersetzung?

Leitet die ukrainisch-griechisch-katholische
Kirchengemeinde in Hannover:
Pfarrer Roman Maksymtsiv. Foto: Archiv

Bei den Menschen. Der heilige Franziskus hat einmal gesagt: „Der Hirte muss nach Schafen riechen!“ Deshalb waren unsere Priester von der griechisch-katholischen Kirche von Anfang an bei den Menschen, bei ihren Schäfchen auf dem Majdan. Inzwischen sind aber auch die anderen Kirchen vor Ort und stärken den Demonstranten den Rücken. Und: Sie bieten den Menschen Schutz in den Kiewer Kirchen. Dort können sich die Demonstranten aufwärmen, ausruhen, was Warmes trinken oder auch ihre Handyakkus aufladen. Das ist wichtig, da sie darüber den Kontakt zu den Angehörigen und Freunden zu Haus, aber auch zu uns halten und über das aktuelle Geschehen berichten. Das Gefühl der Solidarität verbindet alle Menschen, denen die Zukunft unseres Landes am Herzen liegt. Konfessionelle Unterschiede spielen dabei keine Rolle.

Was können Sie von hier in Deutschland tun?

Beten. In Gedanken sind wir bei den Menschen, die auf dem Majdan in Kiew und in anderen Orten der Ukraine demonstrieren. Wenn wir Gottesdienst feiern, beten wir für sie und dafür, dass die Situation nicht in Gewalt ausufert, dass alles gut ausgeht. Wir hoffen, dass die Gespräche zwischen Opposition und der Regierung gut verlaufen, dass Demonstranten und Sicherheitskräfte besonnen bleiben. Aber die Bilder aus Kiew machen mir Angst. Ich kann nicht verstehen, dass Polizisten auf die eigenen Bürger schießen, ihnen zum Teil schwere Verletzungen zufügen oder sogar ihren Tod in Kauf nehmen. Hier in unserer Gemeinde  haben wir für die Menschen in der Ukraine gesammelt, ein bisschen Geld, Medikamente und warme Kleidung. Viel mehr können wir von hier aus nicht machen, aber beten, das können wir und tun es in jedem Gottesdienst.

Interview: Edmund Deppe