02.08.2017

Es gibt viel zu entdecken

Aus ewigem Stein

St. Johannes in Salzhausen ist ein Beispiel für die vielen alten Feldsteinkirchen in der Lüneburger Heide. Die Kirche ist täglich für Besucher geöffnet. Wenn Sie wollen, können Sie hier viel entdecken.

Wilhelm Leppelmeier führt Besucher durch die Kirche von Salzhausen

Wenn Sie Glück haben, ist Stau auf der A 7 zwischen Walsrode und Hamburg. Wenn Sie viel Glück haben, führt Sie die Umleitung durch Salzhausen, Sie werden auf die alte Feldsteinkirche mitten im Ort aufmerksam und schauen mal kurz rein. Und wenn Sie ganz viel Glück haben, ist es Mittwochnachmittag und Sie werden – eigentlich waren Sie ja schon wieder auf dem Weg nach draußen – aus der letzten Kirchbank angesprochen: „Haben Sie noch eine Frage?“ Dann hat Wilhelm Leppelmeier Dienst in St. Johannes und Sie können sich auf einiges gefasst machen.

Wenn Sie ein bisschen Zeit mitbringen, können Sie zum Beispiel mit ihm auf die Empore klettern hinter dem Altar, wo sich früher ein paar reiche Bauern ihren Platz gekauft haben nach dem Motto „sehen und gesehen werden“. Wenn Sie sich aber dann auch noch über die Brüstung lehnen, dann haben Sie direkt unter sich, vor dem Altar, den Blick auf die Grablege der wohlhabenden Müller: die hatten mit ihrer Spende für den Unterhalt des Pastors und den Erhalt der Kirche gesorgt – unter der Bedingung, dass sie in der Johanneskirche ihre Ewige Ruhe finden. Ein Geschäft auf Gegenseitigkeit, würde man heute sagen.

Blick auf Taufbecken und Altar von St. Johannes.


Der Go-Platz erinnert noch an die Sachsen

Wilhelm Leppelmeier könnte Sie auch aufmerksam machen auf den Blick in das Buch, das Johannes der Täufer, der Kirchenpatron, in seiner Hand hält: Nur von hier oben  sehen Sie, was geschrieben steht:  „Instand gesetzt und neu bemalt 1920…“

Das sind ganz profane Dinge, die mit der Entstehung der Kirche nichts zu tun haben. Da müssten wir schon weit zurückgehen in die Zeit Karls des Großen, zumindest datieren die Fundamente von St. Johannes in diese Zeit. Der  hatte sich damals zum Ziel gesetzt, das heidnische Norddeutschland zu bekehren und war dabei nicht gerade zimperlich vorgegangen. Zumindest erinnert heute noch der Go-Platz im Schatten einer Linde, direkt neben der Kirche, an den Versammlungsort, wo die Sachsen Recht sprachen.


Von Außen erscheint die Kirche viel größer

Weil die Bauern der Lüneburger Heide in aller Regel arme Schlucker waren, bauten sie ihre Kirchen mit dem Material, was sie ohnehin von ihren Äckern klaubten: mit Feldsteinen, die gab es mehr als Brot, und entsprechend dick sind die Kirchenmauern – bis zu drei Metern messen sie hier in Salzhausen. „Das ist auch der Grund, warum die Kirche von außen viel größer aussieht als von innen“, sagt Wilhelm Leppelmeier. Der Vorteil: Im Sommer, wenn die Sonne vom Himmel knallt, ist es hier angenehm kühl. Darüber freuen sich die Touristen. Der Nachteil: Bis weit in den Frühling frieren die Gottesdienstbesucher bis auf die Knochen.

So wie sich St. Johannes heute darstellt, geht das Erscheinungsbild auf etwa das Jahr 1200 zurück, gut 200 Jahre später kam der prägnante Turm hinzu – auch er zunächst aus Feldsteinen erbaut. Erst als er drohte einzustürzen, wurde er mit Ziegeln und Holzbalken verstärkt.  

Für eine Kirche dieses Alters, die lange Zeit zum Bistum Verden gehörte und in diesem Teil der Lüneburger Heide eine wichtige Rolle spielte, weiß man heute verdammt wenig über sie. Das liegt an der Pest, die Salzhausen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts heimsuchte, weiß Leppelmeier. Damals wurde der Seuchenherd im benachbarten Küsterhaus vermutet, kurzerhand wurde das ganze Gebäude in Brand gesetzt, den Flammen fielen auch alle Kirchenbücher zum Opfer. „Was wir heute von St. Johannes wissen, mussten wir deshalb mühsam aus den Chroniken der benachbarten Kirchen zusammen tragen.“
 

Im Buch des Kirchenpatrons haben sich die
Handwerker und Restauratoren verewigt.

Um alte Geschichten allerdings geht es den wenigsten Besuchern aus ganz Europa, die meist durch Zufall hier einen Zwischenstopp einlegen. Als ehemaliger Diakon hat Wilhelm Leppelmeier ein Gespür, mit welchen Gedanken mancher von ihnen durch die Kirche wandelt. Gäste aus dem katholischen Süddeutschland beispielsweise, mit denen er ins Gespräch kommt, interessiert oft die Frage: „Wie ist das hier mit der Ökumene?“  Gut, ist dann die Antwort. Regelmäßig unter anderem treffen sich Christen beider Konfessionen zur Andacht. Wer dabei sein will: Am 16. August um 19.30 Uhr ist der nächste Termin.

In der kommenden Ausgabe: Das ehemalige Kloster von Marienau bei Coppenbrügge

Von Stefan Branahl