Förderschule St. Franziskus erhält Schulmusikpreis

Ausgezeichnet!

Musizieren stärkt die Motivation, die Teamfähigkeit und Eigenverantwortung – auch bei geistig Behinderten. Für ihren Musikunterricht ist die Förderschule St. Franziskus der Heimstatt Röderhof dafür mit dem Europäischen Schulmusikpreis ausgezeichnet worden. 

Martin Hartje legt seinen Finger auf die Lippen und gibt mit der anderen Hand das Zeichen zum Einsatz. Ganz leise beginnt Marvin auf den Bassklangstäben zu spielen, dann stimmen auch die anderen ein.

Am Gong und den Glockenspielen, an der Tambura und dem Xylophon lassen sie einen Klangteppich entstehen, der immer lauter wird, je heftiger Hartje seine Arme auf und ab bewegt. Hochkonzentriert und voller Elan sind die acht Jungen und Mädchen bei der Sache. „Wir waren gut“, strahlt Patricia über das ganze Gesicht, als die Instrumente wieder verstummt sind.

Patricia, Marvin und die anderen Jugendlichen zwischen 11 und 18 Jahren besuchen die Förderschule St. Franziskus mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung in der Heimstatt Röderhof in der Nähe von Hildesheim. Hier leben 225 Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit unterschiedlichen geistigen Behinderungen zusammen, 84 Kinder und Jugendliche besuchen derzeit die Förderschule.

Für musikpädogogische Innovation ausgezeichnet

Und hier leistet Hartje im wahrsten Sinne des Wortes ausgezeichnete Arbeit: Denn das Ensemble-Instrumentalspiel ist vor Kurzem mit dem Europäischen Schulmusikpreis in der Kategorie „Musikalische Arbeit im Klassenunterricht Förderschule“ geehrt worden. Über 30 Bewerbungen waren bei der Jury, der Society of Music Merchants SOMM (Verband der Musikinstrumenten- und Musikequipmentbranche) eingegangen.  

Durch das gemeinsame Musizieren werde die Motivation, die Teamfähigkeit und die Eigenverantwortung der Schüler gestärkt, so die Begründung der Jury. Genau das ist es auch, was Hartje mit seinem Musikunterricht erreichen will: „Das Selbstwertgefühl steigt dadurch. Die Schüler merken: Ha! Ich habe Musik gemacht und das ist gut gewesen. Und nicht nur die anderen haben das gesagt, sondern ich habe das selbst gemerkt. Und das ist ganz wichtig für die Kinder.“ Gemeinsam mit Marvin und Schulleiter Marcus Witkowski hat Hartje den Preis auf der Musikmesse in Frankfurt entgegengenommen. „Der war in einem Rahmen. Und wir sind im Zug gefahren“, berichtet Marvin mit leuchtenden Augen.

 Behnke
Martin Hartje hat neue Formen der Musikpädagogik für geistig behinderte Jugendliche entwickelt. Sein Engagement ist „preiswürdig“ und die Mädchen und Jungen haben Freude am Musizieren.  Foto: Behnke

Seit vier Jahren unterrichtet Martin Hartje Musik an der Förderschule St. Franziskus. „Ein Lied singen und das mit einem Stabinstrument begleiten wie in der Grundschule, das funktioniert hier nicht. Lernen findet bei uns in kleinen Schritten statt.“ Also musste er etwas Neues für die Schüler entwickeln. Grundlage seines Unterrichts sind die sogenannten orffschen Instrumente. Hartje hat das Tonmaterial auf eine d-moll-Grundlage reduziert. Ergänzt hat er das Instrumentarium durch Instrumente aus dem indischen Kulturraum wie der Tambura. „Die Instrumente sind jetzt so abgestimmt, dass immer ein Wohlklang entsteht.“

Konzentration und Disziplin beim Musizieren

An zwei Tagen in der Woche machen die Mädchen und Jungen gemeinsam Musik. Sie lernen zu improvisieren und treten in einen musikalischen Dialog. Und scheinbar nebenbei lernen sie Konzentration und Disziplin. „Diese Disziplin kommt aber nicht aus einer Autorität heraus, sondern sie ist notwendig, um die Sache gelingen zu lassen. Das merken die Schüler, und das tragen sie auch in den anderen Unterricht rein.“

In Zukunft werden die Schülerinnen und Schüler ihr musikalisches Talent an noch mehr Instrumenten ausprobieren können. Denn mit dem Preis hat die Schule zugleich 4000 Euro gewonnen. „Na, wir schaffen natürlich neue Musikinstrumente an, das ist ja klar“, lacht Hartje. „In der Vielfalt der Weltinstrumente gibt es ja immer noch ein paar mehr – da habe ich schon einen Zettel angefangen.“

Stefanie Behnke