"Die Kirche lebt"
Mehr als 2500 Pilger versammelten sich auf dem Höherberg, um die zehnte Lichterprozession zu Mariä Himmelfahrt mit Bischof Norbert Trelle zu feiern. Pfarrer Matthias Kaminski hat eine neue Tradition rund um ein altes Fest geschaffen, die den Geist der Zeit trifft.
Während der Wallfahrt bekommt der Höherberg einen Heiligenschein. So beschreibt es Pfarrer Matthias Kaminski, wenn sich mehr als 2500 Menschen zur Lichterprozession an Mariä Himmelfahrt auf dem Höherberg versammeln. Der Geruch von frisch gemähtem Gras liegt in der Luft und die Grillen zirpen so laut, dass sie es mit dem tausendfachen „Ave, ave Maria“ aufnehmen können.
„An diesem Abend begegnen sich Sinnliches und Übersinnliches“, sagt Bischof Norbert Trelle. Wenn der Sommer im August noch einmal alle Sinne anspricht, feiern Christen die Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel. Der Legende nach fanden die Apostel in ihrem Grab nur noch duftende Blumen und Kräuter vor. Deswegen werden an diesem Tag Kräutersträuße gesegnet. Hunderte von Sträußen aus Oregano und Schafgarbe, Ringelblumen und Maiskolben, die Irmtraud Wüstefeld mit zahlreichen helfenden Händen vorbereitet hat, sind schon lange vor dem Gottesdienst ausverkauft.
Größte Marienfeier im Bistum
„Gott will unser Heil“, erklärt Pfarrer Matthias Kaminski: „Das ist die Symbolik der Heilkräuter.“ Er hat die junge Tradition der Lichterprozession erst vor zehn Jahren ins Leben gerufen. „Dass so viele Menschen abends an einem Werktag hierherkommen, das zeigt: Die Kirche lebt“, ist er überzeugt. „Das hier ist die größte Feier dieses Marienfestes im Bistum“, stellt er zu Beginn des Gottesdienstes fest. Bischof Norbert Trelle kontert augenzwinkernd: Wenn der Dom erst wieder eröffnet ist, wird er den Wettbewerb mit dem Höherberg nicht scheuen und eine gebührende Form suchen, diesen Tag zu feiern.
Doch erst einmal ist er auf den Höherberg gekommen, um das Jubiläum der Lichterprozession mitzufeiern – so wie viele andere Gäste von weit her auch. Erwin Unger ist mit seinem Chor aus Plaidt am Laacher See in Rheinland-Pfalz angereist. Durch den Besuch des mittlerweile emeritierten Papstes sind sie auf das Eichsfeld aufmerksam geworden. „Wir waren ganz erstaunt, dass es in der ehemaligen DDR und im Grenzgebiet ein so reiches religiöses Leben gibt“, erzählt er. Jetzt besuchen sie Wallfahrtsorte im Eichsfeld – und den Freiluft-Gottesdienst auf dem Höherberg.
Schlichtheit des Ortes beeindruckt Besucher
Andere Besucher kommen als routinemäßige Wallfahrer. Sie treffen sich auf dem Höherberg mit Pilgern, die sie aus Vierzehnheiligen oder von anderen prominenten Pilgerzielen her kennen. Am Ende des Gottesdienstes ist die Dunkelheit hereingebrochen. Tausende Kerzen leuchten weit ins Eichsfeld hinaus. Zwei Mal umrunden die Pilger mit dem Bild der Mutter Gottes das Plateau des Berges. Bei jedem „Ave“ schwenken sie die Kerzen. Gilbert Hauptstock aus Bremen ist überzeugt, der Höherberg brauche den Vergleich mit großen Wallfahrtsorten wie Lourdes oder Tschenstochau nicht zu scheuen: „Der Höherberg beeindruckt mich in seiner Schlichtheit noch mehr. Hier ist man irgendwie dichter dran.“
Annedore Beelte