29.07.2013

Nachgefragt zur vorgeburtlichen Diagnostik

Druck zur Abtreibung?

Schwangere Frauen bekommen häufig die Bemerkung zu hören „Hauptsache, es ist gesund“. Die versteckte Botschaft ist: ‚Tu auch alles dafür’. Und das heißt alle Möglichkeiten der vorgeburtlichen Diagnostik zu nutzen. Doch was folgt nach einer Diagnose? Angela Wes­termann vom Caritas-Diözesanverband will Mut machen – auch zu einem „nicht perfekten“ Kind..

Angela Wes­termann ist Referentin für Schwangeren- und Familienberatung beim Diözesan-Caritasverband Hildesheim.
Angela Wes­termann ist Referentin für
Schwangeren- und Familienberatung
beim Diözesan-Caritasverband
Hildesheim.

Sehen Sie einen gesellschaftlichen Druck zur vorgeburtlichen Diagnostik, der auf werdende Eltern ausgeübt wird?

Verständlicherweise wünschen sich alle  werdenden Eltern ein gesundes Kind. Die medizinischen Möglichkeiten zur pränatalen Diagnostik in der Schwangerschaft  werden immer differenzierter und sind selbstverständlicher Bestandteil der Schwangerenvorsorge geworden. Bei einem genetischen Befund gibt es dann kaum Therapiemöglichkeiten. Da spüren die Eltern durchaus  den gesellschaftlichen Druck, sich doch frühzeitig durch Abtreibung von einem solchen Kind zu trennen.

Ist vorgeburtliche Diagnostik ungefährlich für Kind und Mutter?

Über die einzelnen Maßnahmen  der vorgeburtlichen Diagnostik sollten sich Schwangere und ihre Partner gut informieren und aufklären lassen, um durchaus bestehende Risiken abwägen zu können.

Gesetzt den Fall, es ergibt sich eine Auffälligkeit: Was muss nach dieser Diagnose kommen?

Der Gesetzgeber schreibt vor, dass der Arzt allgemeinverständlich und ergebnisoffen eine eingehende Erörterung der medizinischen, psychischen und sozialen Fragen und Belastungen in Zusammenhang mit den Untersuchungsergebnissen vornimmt. Er muss Ärzte hinzuziehen, die Erfahrungen mit den zu erwartenden Gesundheitsschäden haben. Und er hat über den Anspruch auf psychosoziale Beratung nach Schwangerschaftskonfliktgesetz zu informieren.

Wie hilft die Caritas dabei?

In den 18 Schwangerenberatungsstellen im Bistum haben sich die Beraterinnen für die Anforderungen der  Beratung bei der Pränataldiagnostik gut vorbereitet und qualifiziert. Sie beraten Schwangere und ihre Angehörigen vor, während und nach den Untersuchungen. Sie hören sich ihre Fragen, Sorgen und Befürchtungen an und suchen gemeinsam nach tragfähigen Lösungen. Die Beraterinnen stehen den werdenden Eltern zur Seite nach der Geburt eines Kindes mit Beeinträchtigungen, nach Tod- und Fehlgeburt und nach Schwangerschaftsabbruch.

Unausgesprochen verspricht die pränatale Diagnostik die Vorstellung einer Welt ohne Behinderung. Muss nicht die Welt inklusiver werden?

Durch unsere Beratungen  wollen wir Mut machen zur Annahme eines Kindes, das – vielleicht – nicht perfekt sein wird. Eltern, die sich dafür entscheiden, gebührt einerseits hohe gesellschaftliche Wertschätzung , andererseits benötigen sie praktische Hilfen und Entlastung im Alltag mit dem Kind. Dazu können wir  durch Zusammenarbeit mit anderen Professionen  aus der Behindertenhilfe ein Stück  beitragen.

Fragen: Rüdiger Wala