10.09.2012

Bistum ist Gastgeber für Gesprächsprozess

Endlich die Welt in den Blick nehmen

Zweite Runde im Gesprächsprozess der deutschen Bischöfe: Nach dem Auftakt im Mannheim im vergangenen Jahr hat Bischof Norbert Trelle die Delegationen aus allen deutschen Bistümern nach Hannover eingeladen. Leitwort: „Die Zivilisation der Liebe – unsere Verantwortung in der freien Gesellschaft“.

So war es vergangenes Jahr in Mannheim: Bei einem Gesprächsforum unter dem Leitwort „Im Heute glauben – wo stehen wir?“sprachen rund 300 Teilnehmer über den Glauben und die Zukunft der Kirche. Foto: kna-Bild
So war es vergangenes Jahr in Mannheim: Bei einem
Gesprächsforum unter dem Leitwort „Im Heute glauben –
wo stehen wir?“ sprachen rund 300 Teilnehmer über den
Glauben und die Zukunft der Kirche. Foto: kna-Bild

Etwas verklausuliert werden die gut 300 Teilnehmer im „Congresscentrum Wienecke XI“ einen, für viele Katholiken gar den zentralen Grunddienst der Kirche in den Blick nehmen – die „Diakonia“, den Dienst an und mit den Menschen. Zwei Tage ist dafür Zeit: am Freitag, 14., und Samstag. 15. September. Nach einem Auftaktgebet zum Heiligen Geist wird es Impulse von drei Bischöfen geben: Bischof Franz-Josef Overbeck (Essen), Bischof Franz-Josef Bode (Osnabrück) und Kardinal Reinhard Marx.  

Die übrige Zeit bis zum Abschlussgottesdienst in der Kirche St. Michael (Samstag, 13 Uhr) ist für Gespräche unter den Teilnehmern reserviert. Drei Fragen stehen vor allem im Mittelpunkt. Wie kann die Kirche ein positives Verhältnis zur gesellschaftlichen Vielfalt entwickeln? Wie kann sie den Menschen in ihrer „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst“ (Zweites Vatikanisches Konzil) nah sein? Wie kann sie gesellschaftlich initiativ, politisch präsent und wirksam sein?

„Mit offenen Augen durch die Nachbarschaft gehen“

Angelika Löwe gehört zu der siebenköpfigen Hildesheimer Delegation. Sie erwartet vom Gesprächsprozess in Hannover „dass wir auf der einen Seite auf das Schauen, was uns als Kirche ausmacht und bewegt, auf  Christus selbst und sein Wort.“  Auf der anderen Seite hofft sie auf ein gegenseitiges aufeinander Hören und Erkennen: „Es gibt in der Kirche eine solche Vielfalt von Orten, Gaben und Charismen.“  Gerade im Dienst am Nächsten finde diese Vielfalt ihren Ausdruck. „Das öffnet die Kirche und sendet zu den Menschen“, ist Löwe überzeugt.  

Diese Erfahrung mach die Sozialpädagogin auch in ihrer Gemeinde St. Bernward und vor allem in ihrer Kleinen Christlichen Gemeinschaft in Braunschweig: „Wer vom Wort Gottes entflammt ist, kann gar nicht anders als mit offenen Augen durch seine Nachbarschaft gehen.“ Der Rentner, der Hilfe im Garten benötigt, die Aussiedlerin, die Untersützung bei Formularen benötigt – „Nächstenliebe fängt doch immer im Kleinen an“, sagt Angelika Löwe.

„Kirche ist weit mehr als der Glockenturm“

„Es wird Zeit, dass wir endlich die Welt in den Blick nehmen“, findet Elisabeth Eicke.  Diakonia bedeute durch praktische Nächs­tenliebe „das Evangelium zu den Menschen bringen“. Katholische Christinnen und Christen tun das Tag für Tag – am Arbeitsplatz und in der Familie, stellt Elisabeth Eicke heraus: „Ohne dass sie dafür am Sonntag im Gottesdienst gezählt werden müssen. Kirche ist weit mehr als der Glockenturm: Das sollte beim Gesprächsprozess auch zum Ausdruck kommen.“

Ebenfalls wichtig: „Die Bischofskonferenz muss aus den Gesprächen Konsequenzen ziehen.“ Es reiche nicht Fotoprotokolle zu verschicken. „Wir haben letztes Jahr in Mannheim eine vertrauenvolle Grundlage gelegt, jetzt gilt es zu bestimmen, was Verantwortung der Kirche für die Gesellschaft konkret ausmacht.“
Für Ailine Horn steht der Dienst an den Menschen „an erster Stelle in der Frage um die Ausstrahlungskraft unserer Kirche“. Die caritative Arbeit in den Gemeinden werde im hohen Maß von Ehrenamtlichen getragen: „Ihre Bedeutung ist zu stärken.“ Denn die von der Bischofskonferenz beschworene Zivilisation der Liebe werde durch das Ehrenamt vor Ort ganz konkret.

Propst Bernd Galluschke fragt sich, ob „drei bischöfliche Vorträge zu Beginn nicht ein falsches Signal sind.“ Die Sorge für die Menschen sei eine klassische Aufgabe der Gemeindepastoral: „Es wäre gut, wenn das auch in der Einführung herausgehoben worden wäre.“  Er hofft, dass vor allem die Erwartungen der Menschen an die tätige Nächstenliebe der Kirche zur Sprache kommen.

Die Besonderheit des Ge­sprächs­prozesses liegt für Martin Wrasmann in der geistlichen Ausrichtung. „Das ist schon in Mannheim gut gelungen“, sagt der stellvertretende Leiter der Hauptabteilung Pastoral im Generalvikariat. Der Pastoralreferent setzt auf einen auch ins Bistum ragenden Impuls: „Diakonia und Caritas sind ein ganz starkes Stück Kirche – gerade für die, die wir sonst nicht erreichen.“

Rüdiger Wala

 

Stichwort

Der Gesprächsprozess der deutschen Bischöfe wurde auf der Herbst-Vollversammlung 2010 in Fulda beschlossen. In Entsprechung zu den Lebensvollzügen der Kirche (Diakonia, Liturgia, Martyria) haben die Bischöfe Jahresthemen definiert, die dem Gesprächsprozess eine Struktur geben: Nachdem nun in Hannover die Diakonia im Mittelpunkt steht, werden es 2013 „Liturgia: Die Verehrung Gottes heute“ und 2014 „Martyria: Den Glauben bezeugen in der Welt von heute“ sein. Für 2015 ist das Leitwort „Im Heute glauben: Wo Gott ist, da ist Zukunft“ .

 

Die Bistums-Delegation

Ehrenamtlich:

  • Elisabeth, Eicke (49 Jahre, von Beruf Richterin), Vorsitzende des Diözesanrates der Katholiken im Bistum Hildesheim.
  • Ailine Horn (25 Jahre, Lehrerin), Mitglied im Vorstand des Diözesanrates.
  • Dr. Ursula Lange (62 Jahre, ärztliche Leiterin der Straßenambulanz für Wohnungslose bei Caritasverband Hannover), Mitglied des Diözesanrates.
  • Angelika Löwe (45 Jahre, Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin), Mitglied im Pfarrgemeinderat von  St. Bernward in Braunschweig.

Hauptamtlich:

  • Propst Bernd Galluschke (55 Jahre), Dechant des Dekanates Untereichsfeld und Moderator des Priesterrates
  • Martin Wrasmann (57 Jahre), stellvertretender Leiter des Hauptabteilung Pastoral und Vorsitzender des Caritasverbandes Gifhorn.
  • Dr. Hans-Jürgen Marcus (54 Jahre), Direktor des Caritasverbandes für die Diözese Hildesheim.