20.07.2012

Zur Kontemplation für die Karmelitinnen

Garten als Ort des Gebetes

Für die seit 13 Jahren in Hannover ansässigen polnischen Unbeschuhten Karmelitinnen ist der Garten ein wichtiger Bestandteil des Ordenslebens. Er gehört zur Klausur und ist eigentlich Teil ihrer Abgeschiedenheit von der äußeren Welt. Doch Priorin Victima machte für die Kir­chenZeitung eine Ausnahme.

Schwester Lilia beim Gebet vor einem Abbild der Gottesmutter. Hier ist der Ort, an dem sich die Karmelitin sammeln kann. Foto: Nestmann
Schwester Lilia beim Gebet vor einem Abbild der Gottesmutter. Hier ist der Ort, an dem sich die Karmelitin sammeln kann. Foto: Nestmann 

Das Gartentor öffnet sich. Priorin Victima lächelt und deutet auf die verschiedenen Pflanzen: Erdbeerreihen, Johannisbeersträucher, Kirschbäume, Grüne Bohnen und Rote Bete, dazu Rosen, Fuchsschwänze und andere Ziersträucher. Obst und Gemüse essen die Nonnen selbst. Grundsätzlich dient der Garten eines Karmels einem anderen Zweck als ein Klostergarten in einem praktisch ausgerichteten Kloster. Während etwa die Benediktiner bekannt sind für ihren hochentwickelten Gartenbau, ihre Heilkräuter und Baumschulen, womit sie auch ihre Klöster unterhalten, ist es bei den kontemplativen Orden anders. Dort soll im Garten nichts erzeugt und verkauft werden. Den Karmelitinnen ist der Garten ein Ort des Gebets und der Besinnung. Hier sucht sich jede im Laufe der Zeit einen Ort, der für ihren Einstieg in Gebet und Besinnung am geeignetsten ist.

Wein als Symbol für die Gnade Gottes

Der Garten der Unbeschuhten Karmelitinnen ist so angelegt, dass er eine ganze Reihe von Anknüpfungspunkten zu Besinnung und Gebet bietet. So ranken am Eingang Weinreben. Den Karmelitinnen verheißen diese Reben nicht nur leckere Weintrauben im Herbst. Denn in der Bibel bedeutet Wein zugleich Gottes Gnade. Bevor die Juden das Gelobte Land erobern, sagt ihnen Gott, dass sie Wein trinken werden, den sie nicht gekeltert haben. Christus hat bei der Hochzeit zu Kana Wasser in Wein verwandelt. In jeder Messe verwandelt der Priester Wein dem Wesen nach in das Blut Christi. Das sind nur einige Gedanken, die sich die Schwestern bei der religiösen Betrachtung einer Weinrebe machen können.

Zu Gedanken anregen soll auch ein kleiner Brunnen im Garten. Er erinnert an die Samariterin am Jakobsbrunnen, an Jesu Verheißung: Wer von seinem Wasser trinkt, wird nie mehr Durst haben. An einem Kruzifix ranken Rosen. Sie entsprießen einem Ableger des 1000-jährigen Rosenstocks am Hildesheimer Dom und symbolisieren Gottes Treue und Beständigkeit.

„Vielleicht schenkt uns jemand eine Heiligenfigur?“

Zwischen Blumen und Ziersträuchern stehen Heiligenfiguren. „Wir haben schon einige, könnten aber noch mehr gebrauchen“, sagt Priorin Victima. Sie denkt an Engel, den heiligen Josef, den Propheten Elija, die heilige Edith Stein, weitere Exemplare der Gottesmutter und ein Weihwasserbecken. Sie hofft, dass ihrem Kloster angesichts der Schließung einer ganzen Reihe von Kirchen im Bistum etwas geschenkt werden kann.

Nebenbei pflegen die Karmelitinnen die Gräber der im Kloster bestatteten deutschen Klarissen. Priorin Victima sagt: „Als wir im Jahr 1998 das Kloster vom Klarissenorden übernommen hatten, befand sich rund um die Grabplatten nur Rasen. Wir wissen nicht, ob das Fehlen von jeglichem Grabschmuck zur Ordensregel der Klarissen gehört. Wir brachten es aber nicht fertig, mit dem Rasenmäher über die Grabplatten hinwegzuknattern.“ So sind von den Karmelitinnen rund um die Gräber Blumen gepflanzt worden.

Weil das Kloster aus nur fünf Nonnen besteht und diese sich vor allem der Besinnung und dem Gebet widmen, hat Stanislawa, die Gartenschwester, eine Menge zu tun. Dabei ist sie nicht vom Fach, wie auch keine ihrer Mitschwes­tern von der Ausbildung oder ihrem familiären Hintergrund her irgendetwas mit Garten oder Landwirtschaft zu tun hatte. Priorin Victima etwa war vor ihrem Ordenseintritt Theaterdramaturgin. Schwester Lilia war Juristin.

Aber die Schwestern bekommen auch Hilfe. Zur Bepflanzung sagt die Priorin: „Die Apfelbäume waren schon da. Aber das meiste hat Pfarrer Paul Chodor zusammen mit Gemeindemitgliedern für uns angepflanzt. Er hat auch den Brunnen gebaut.“

Auf Gott hören, die Stille ertragen

Gebaut wird demnächst auch im Karmel. Zimmer der vier Schwestern, die aus Heimweh nach Polen zurückgekehrt sind, werden zu Gästezimmern für Exerzitien umgebaut werden. Das grundsätzliche Ja des Bischofs ist nach Aussage von Priorin Victima vorhanden. Im Karmel, aber außerhalb der eigentlichen Klausur, können die Interessierten dann das lernen, was den meisten Menschen nach Einschätzung der Priorin  fehlt: das Ertragen von Stille, das Hören auf Gott.

Tillo Nestmann

 

Stichwort: Karmel

Karmel heißt Garten Gottes. Zugleich ist es der Name einer Bergkette in Israel. In der Bibel steht das Wort Karmel symbolhaft für die Schönheit und den Reichtum der Natur. Am Karmel hat der Prophet Elija mit den falschen Propheten abgerechnet und das Herz des Volkes Israel dem wahren Gott zugewandt (I. Buch Könige, Vers 18). Im Garten Gethsemane hat Christus betend und Blut schwitzend die von Judas angeführten Knechte des Hohenpriesters erwartet.