27.02.2013

Nachgefragt zum Thema "Mobbing"

Jeder siebte Schüler ist betroffen

Es war die Überraschung der Duderstädter Gespräche des Kolpingwerkes: Teilnehmende Schüler beklagten sich massiv über die Zunahme von Mobbing. Stimmt das? Die KiZ hat bei Anne-Kath­rin Freckmann, Sozialarbeiterin an der St.-Ursula-Schule in Duderstadt, nachgefragt.

Mal ehrlich: Mobbing gibt es doch an jeder Schule, oder?

Anne-Kathrin Freckmann ist
Schulsozialarbeiterin an der
St.-Ursula-Schule in Duderstadt.
Foto: Wala

Ja, jeder siebte Schüler ist betroffen – ob als Opfer, als Täter oder als Mitläufer. Auch bei uns. Mobbing kommt nicht nur an vermeintlichen Problemschulen vor, sondern in jeder Schule, quer durch alle Schulformen. Aber Mobbing, abgeleitet vom englischen to mob (= anpöbeln), gab es auch schon früher. Da nannte man das Hänseln.

Ist denn Hänseln und Mobbing im Vergleich zu früher mehr geworden?

Ja, das zeigen alle Untersuchungen. Es ist mehr geworden: Schon allein durch die Möglichkeit, Mitschüler im Internet anzupöbeln. Dadurch ist alles schlimmer geworden. So gibt es nicht nur Hänseleien morgens auf dem Schulhof, sondern auch nachmittags im Internet. Da hat die Schule auch keine Eingriffsmöglichkeiten mehr. Vor allem steigert es die Zahl der Mitläufer. Da wird eine böse Bemerkung ins Netz gestellt und zahlreiche Mitschüler klicken einen „Gefällt-mir“-Button an und unterstützen so die Aktion.

Was sind Anlässe für Mobbing? Der falsche Musikgeschmack oder Klamotten?

Das ist eigentlich egal. Es trifft immer die schwächeren Schüler, die sich nicht wehren können und etwas an sich haben, was andere stört. Und wenn es nur eine falsche Bemerkung ist oder das falsche Handy. Manchmal ist nicht nachzuvollziehen, warum es einen Schüler erwischt.

Wie unterscheiden sich die Schulformen voneinander?

Es ist in der Regel schon so, dass Mobbing in Gymnasien eher unterschwellig passiert. Aber es steckt viel System dahinter. An Hauptschulzweigen äußert es sich eher in spontaner Gewalt. Was die Schwere betrifft, macht das für die Opfer aber wenig Unterschied. Auch Psychoterror ist Gewalt.

Mobben Jungs anders als Mädchen?

Es gibt Unterschiede, aber nicht zwingend. Dass Jungs eher prügeln und Mädchen mit Worten verletzen, gehört der Vergangenheit an. Auch Mädchen schlagen jetzt zu.

Wie gehen Sie an der St.-Ursula-Schule mit Mobbing um?

Ich versuche in der Klasse des von Mobbing betroffenen Schülers eine Unterstützergruppe aufzubauen. Das passiert in enger Zusammenarbeit mit dem Klassenlehrer. Die Unterstützergruppe wird förmlich eingeladen und mit ihnen wird vereinbart, wie die dem Schüler beistehen können. Sie sind gewissermaßen meine Unterstützer. Denn als Schulsozialarbeiterin möchte ich dafür sorgen, dass alle Schüler gerne zu Schule gehen. Ich kann aber nicht ständig in einer betroffenen Klasse sein.

Was kann eine solche Gruppe für ein Opfer tun?

Scheinbar Unspektakuläres. Zum Beispiel sagen: „Lass’ sie oder ihn mal in Ruhe“, wenn Hänseleien beginnen. Das Signal, da mischt sich jemand anders ein, kann weitere Eskalationen verhindern. Was überhaupt nicht hilft, ist ignorieren.

Mobben auch Lehrer Schüler?

Das kann ich für unsere Schule nicht bestätigen. Sicher gibt es Probleme zwischen Lehrern und Schülern. Aber Mobbing setzt systematisches Handeln voraus. Das habe ich hier nicht beobachtet.

Interview: Rüdiger Wala

 

 

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