21.05.2015

Deutsch-polnische Freundschaft

Langer Weg zur Versöhnung

Die katholischen Bischöfe Deutschlands und Polens wollen den 50. Jahrestag des Briefwechsels zwischen den beiden Bischofskonferenzen in diesem Herbst umfangreich feiern. Der Briefwechsel vom November 1965 gilt als Meilenstein der Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen. 

 

1964 unternahm eine Pax-Christi-Gruppe eine Sühnewallfahrt ins KZ Auschwitz. Sie trafen dabei auch den damaligen Erzbischof von Krakau, Karol Wojtyla. Foto: kna-bild

Am 18. November sollen deshalb zeitgleich in Berlin und Wroclaw (Breslau) zwei Ausstellungen eröffnet werden, die den historischen Briefwechsel beleuchten, wie die Kontaktgruppe der Deutschen und Polnischen Bischofskonferenz  in Görlitz mitteilte. Geplant sind außerdem Symposien und Gottesdienste. 

Begegnungen zwischen deutschen und polnischen Bischöfen wie das Treffen in Görlitz sind inzwischen Routine: 1995 hatten die beiden Bischofskonferenzen die Kontaktgruppe eingerichtet, die sich regelmäßig über kirchliche und gesellschaftliche Fragen austauscht. Das 1993 gegründete Osteuropa-Hilfswerk der deutschen Katholiken "Renovabis" unterstützt soziale und Bildungsprojekte im Nachbarland. 

Dass die Schatten des Weltkriegs dennoch weit reichen, zeigte sich 2009, als eine gemeinsame Erklärung beider Bischofskonferenzen zum Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs nur nach langem Ringen zustande kam. Wichtigster Konflikt damals: die Bewertung der Vertreibungen der Deutschen. 

Ängste und Vorbehalte gab es über Jahrzehnte. Erste Kontakte zwischen deutschen und polnischen Katholiken fanden erst Mitte der 50er Jahre statt. Es waren vor allem Laien, die die Versöhnung in kleinen Schritten voranbrachten: etwa durch Sühnewallfahrten der deutschen Pax-Christi-Sektion nach Auschwitz oder durch Mitglieder des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), die Kontakte mit Intellektuellen in Polen pflegten. 1973 gründeten deutsche Katholiken das Maximilian-Kolbe-Werk, das überlebenden NS-Opfern in Polen half.  
 

Wichtiger Briefwechsel

Die deutsch-polnische Kontaktgruppe der Bischöfe
bei ihrem Treffen in Görlitz. Foto: kna-bild

Vor diesem Hintergrund war die Versöhnungsgeste von 1965 ein wichtiger Schritt nach vorn: Während des Zweiten Vatikanischen Konzils luden die polnischen Bischöfe ihre deutschen Amtsbrüder zur 1966 anstehenden 1.000-Jahr-Feier der Christianisierung Polens ein. Das Schreiben endete mit den Worten: "In diesem allerchristlichsten und zugleich sehr menschlichen Geist strecken wir unsere Hände zu Ihnen hin in den Bänken des zu Ende gehenden Konzils, gewähren Vergebung und bitten um Vergebung." Zwei Wochen später antworteten die deutschen Bischöfe: "Furchtbares ist von Deutschen und im Namen des deutschen Volkes dem polnischen Volk angetan worden. So bitten auch wir zu vergessen, ja wir bitten zu verzeihen." 

Dennoch zeigte sich auch hier, wie begrenzt die Spielräume noch waren: Die polnischen Bischöfe waren enttäuscht, dass ihre deutschen Amtsbrüder die Frage einer Anerkennung der polnischen Westgrenze ausklammerten - anders als die Evangelische Kirche in ihrer ebenfalls im Herbst 1965 erschienenen Ost-Denkschrift, die einen klaren Verzicht auf die früheren deutschen Ostgebiete nahe legte.  

Für die seit 1969 regierende sozial-liberale Koalition unter Kanzler Willy Brandt (SPD) bedeutete das Engagement der Kirchen dennoch Rückenwind. Brandt selber formulierte es so: "Das Gespräch der Kirchen... war dem Dialog der Politiker voraus." Die Zugeständnisse der Bundesregierung gegenüber Polen führten dann umgekehrt auch zu einer Bereinigung auf kirchlichem Gebiet. Im Juni 1972 ordnete der Vatikan die Kirchenstrukturen in den früheren deutschen Ostgebieten neu und gründete polnische Diözesen. Das löste unter deutschen Katholiken heftige Proteste aus.  

Trotz solcher Irritationen ließen die Katholiken beider Länder den Faden nicht mehr abreißen, etwa durch gegenseitige Besuche und durch polnische Gäste auf Katholikentagen. Als Polens Regierung im Dezember 1981 das Kriegsrecht ausrief und eine Versorgungskrise auslöste, riefen die deutschen Bischöfe zu Kollekten und Paketspenden auf.  

Der Zusammenbruch des Ostblocks stellte das deutsch-polnische Verhältnis auch im Bereich der Kirchen auf eine neue Grundlage: Deutsche und Polen konnten eine normale Nachbarschaft erlernen. Ein Dauerthema ist die Krise des Glaubens in Europa: Auch in Polen bröckeln traditionelle Formen des Katholizismus.

kna