05.05.2014
Die meisten Menschen wollen zu Hause sterben – ein Thema in der "Woche für das Leben"
Wo ist der richtige Platz zum Sterben?
Zwei Drittel aller Menschen wollen zu Hause sterben. Das ist der Wunsch. Die Realität: 90 Prozent sterben in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Ist das schlimm? Gibt es einen richtigen Ort zu sterben?
Anfang und Ende des Lebens wollen die Kirchen mit ihrer „Woche für das Leben“ in den Fokus rücken. An diesem Wochenende wird die ökumenische Aktion in Erfurt eröffnet. Dort geht es vor allem um das Lebensende, quasi um das gute Sterben. Mit quälenden Schmerzen, einsam und verlassen will niemand sterben. Das ist wohl der Hintergrund des Wunsches, zu Hause den letzten Atemzug zu tun – in vertrauter Atmosphäre mit vertrauten Menschen. Mehr Wunsch als Wirklichkeit.
Genauso wie das Sterben im Hospiz. „Die Menschen denken mittlerweile, das wäre der Regelfall. Ist es aber nicht“, sagt Professor Wolfgang George aus Gießen. In einer Studie hat er den Tod im Krankenhaus untersucht. Aktuell befasst er sich mit dem Sterbeort Pflegeheim.
Krankenhaus und Pflegeheim stehen unter dem Verdacht, unwürdige Orte zu sein. „Tod zweiter Klasse“ titelte das TV-Magazin Monitor über das Sterben im Pflegeheim. Dabei wird das Pflegeheim als Sterbeort immer wichtiger. 40 Prozent aller Verstorbenen beenden hier ihr Leben. Wenn Menschen ins Pflegeheim ziehen, geht es daheim meist wirklich nicht mehr. Entsprechend werden neue Heimbewohner immer älter und gebrechlicher. Der Tod ist näher, als er bei früheren Generationen von Heimbewohnern war.
Aber: In Krankenhäusern und Pflegeheimen herrscht hoher wirtschaftlicher Druck. Lange am Bett eines sterbenden Patienten oder Bewohners zu sitzen, können sich Pflegekräfte nicht leisten. Hospize dagegen sind genau darauf angelegt. Doch 90 Prozent der Sterbenden in Hospizen sind Tumorpatienten – altersschwache oder herzkranke Sterbende finden sich hier weniger.
„Einen idealen Ort zu sterben, gibt es nicht“
Krankenhäuser und Pflegeheime reagieren. In manchen Krankenhäusern gibt es Palliativstationen. Ambulante Palliativteams kommen in Pflegeheime, ebenso wie ambulante Hospizdienste. Sie sind auch eine Unterstützung für zu Hause. „Viele Menschen scheuen sich, Fremde in dieser Situation ins Haus zu holen“, berichtet Martin Müller, Hausarzt und Palliativmediziner aus Rulle bei Osnabrück aus seiner Erfahrung. Wer es aber gemacht habe, sei über die Hilfe und Entlastung froh.
„Einen idealen Ort zu sterben, gibt es nicht“, sagt Hausarzt Müller. Dennoch sollte man sich mit Vorsorgevollmachten auf den eigenen Tod vorbereiten. Klären, wer entscheiden darf, wie und wo man behandelt werden will. Doch durchplanen lässt sich der Tod auch heute nicht: „Das sind Situationen, auf die man sich nicht vorbereiten kann“, sagt Müller.
Denn manchmal macht die medizinische Situation den erhofften Tod zu Hause unmöglich. Wenn Blutungen eintreten, die Schmerzen zu groß werden. Dann hilft nur noch der Weg in die Klinik.
Professor George hat keine Angst davor, in einem Krankenhaus zu sterben. Auch eine Klinik könne ein guter Ort zum Sterben sein. Allerdings müssten viele Häuser dem Thema mehr Beachtung widmen. Wie sie es beim Beginn des Lebens schon getan haben. Die Geburtshilfe hat sich erfolgreich auf die Ansprüche werdender Eltern eingestellt. So herrscht in den meisten Kreißsälen eine Atmosphäre, die kaum an sterile und anonyme Gesundheitseinrichtungen erinnert.
Von Ulrich Waschki
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