02.07.2015
Die bolivianische Künstlerin Cecilia Lampo ist für ein halbes Jahr Stipendiatin des Bistums Hildesheim
Wirklichkeit in Form und Farbe
Es wird ein so ganz anderer Blick auf das Bistumsjubiläum. Künstlerisch. Vom Rand. Und lateinamerikanisch. Die bolivianische Künstlerin Cecilia Lampo ist für ein halbes Jahr zu Gast im Bistum.
Möglich wird das durch ein Künstlerstipendium im Rahmen des Bistumsjubiläums. Der Kontakt kam über die Diözesanstelle Weltkirche und die Bolivienpartnerschaft des Bistums zustande.
Im Rahmen ihres Aufenthaltes wird Cecilia Lampo Bilder malen: „Es wird dabei um Migration, um Flucht, um Bewegung gehen“, sagt die Malerin und Fotografin, die 1952 in La Paz geboren wurde. Thematisch greift sie damit nicht nur ein hochaktuelles politisches Thema auf, sondern auch eine wesentliche Entwicklung der jüngeren Bistumsgeschichte. Hildesheim steht wie kein anderes Bistum Deutschlands für die Eingliederung von Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg.
Lehrauftrag der Uni, Projekt mit Flüchtlingen
Auch die zwei weiteren Vorhaben von Cecilia Lampo werfen einen Blick auf das Verhältnis von „Identität und Migration“, wie sie es umschreibt. Zum einen unterrichtet sie als Lehrbeauftragte an der Universität Hildesheim. „Wir befassen uns mit dem Verhältnis von Europa und Lateinamerika – aus der Perspektive meines Kontinents“, sagt sie. Neben Literaturstudien – zum Beispiel des mexikanischen Nobelpreisträgers Octavio Paz – werden auch praktische Arbeiten in Bildern, Objekten und Installationen erfolgen.
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Fertig sind die Bilder noch lange nicht – aber die ersten Arbeiten zeigen die Bedeutung von Farbe und Form im Werk von Cecilia Lampo. Foto: Wala |
Ebenso künstlerisch-praktisch ist das zweite Projekt angelegt: Cecilia Lampo lädt dabei Flüchtlinge ein, sich mit ihrer neuen Situation in Deutschland auseinanderzusetzen – durch Fotos. Gebrauchte Apparate wurden bereits gesammelt. „Vor allem geht es darum den eigenen Gefühlen, den Bildern auf die Spur zu kommen“, sagt sie.
Das sei eine wesentliche Form der Kommunikation. „In der Schule lernen wir mit Worten zu sprechen und zu schreiben, aber nicht mit Bildern“, meint Cecilia Lampo. Damit fehle aber ein wichtiges Mittel, „um sich umfassend ausdrücken zu können.“
Sie selbst denke stets in Bildern: „Das lässt mich die Wirklichkeit anders wahrnehmen.“ Denn diese Bilder im Kopf müssen nicht unbedingt realistisch sein. Gerade Gefühle sind immer wieder mit bestimmten Farben und Formen verbunden: „Wir verlernen nur sehr schnell, sie auch zu sehen und ihnen die Bedeutung zu geben, die ihnen gerecht wird.“
Das findet seinen Ausdruck in der Kunst von Cecilia Lampo. Ihre Bildern sind farbstark und mehrschichtig. Struktur und Farbe gehen ineinander über. Die Bilder der mehrfach preisgekrönten Malerin erscheinen einfach, doch entdeckt das Auge in der Farbe diverse Variationen und Schichten. „Letzten Endes so, wie wir in unserer Wirklichkeit immer neue Details wahrnehmen“, erläutert Cecilia Lampo.
Studium in Deutschland und Frankreich
Sie selbst malt seit ihrer Kindheit, konnte in Bolivien auch Privatunterricht nehmen. Nicht zuletzt die von Militärputschen und Diktatur geprägte politische Situation ihrer Heimat veranlasste sie Anfang der 1970er-Jahre in Europa zu studieren: an der Staatliche Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe, der Nationalen Kunsthochschule in Paris und schließlich an der damaligen Gesamthochschule Essen.
Zwischendrin lebte sie mehrere Jahre in Schweden, arbeitete dabei in der Industrietischlerei: „Das erklärt wohl mein gutes Verhältnis zu Holz“, sagt sie mit einem Lächeln. Die Struktur von Holz, auch wie sich dort Geschichte und Umwelteinflüsse widerspiegeln, findet sich in der Kunst von Cecilia Lampo.
Mittlerweile hat sie sich in Hildesheim eingerichtet – auch mit pragmatischen Lösungen. Der ursprünglich angedachte Atelierraum erwies sich als zu dunkel. Kurzerhand funktionierte Cecilia Lampo die Küche ihrer kleinen Wohnung in Hildesheim zur Werkstatt um. „Das Licht ist einfach wunderbar“, sagt sie – und blickt aus ihrem Fenster auf die Basilika St. Godehard. Und im Spülbecken auf Pinsel.
Rüdiger Wala