30.07.2015
Serie: Die Messe verstehen und gestalten
Gib uns Mut zum Hören
Nach Begrüßung und Lobpreis der Gemeinde ist nun Gott an der Reihe: Er spricht zu uns in den Texten aus dem Alten und dem Neuen Testament; die Gemeinde hört sitzend zu.
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Eine Lektorin trägt die Lesungen(en) vor. Foto: kna-bild |
Für die Sonntage gibt es eine „Leseordnung“ aus jeweils drei Lesungen, die sich alle drei Jahre wiederholt (Lesejahr A,B,C); sie sind geprägt durch die verschiedenen Evangelisten: Im „Lesejahr A“ steht Matthäus im Vordergrund, danach Markus und Lukas. Johannes wird in allen Jahren „dazwischengestreut“, etwa in der Osterzeit oder zur Mitte des Jahres, wenn die große „Brotrede“ vorgelesen wird. Die Leseordnung ist verpflichtend. Liturgischer Ort des Wortgottesdienstes ist der „Ambo“ (griech.: anabaíno = hinaufsteigen).
Erste Lesung
Antwortgesang
Die erste Lesung stammt (außer in der Osterzeit) aus dem Alten Testament und ist auf das Evangelium hin ausgesucht. Wenn beispielsweise im Evangelium ein Zitat aus dem Alten Testament vorkommt – was häufig geschieht – ist die „erste Lesung“ sozusagen das „Original“. So wird deutlich, dass das Neue Testament ohne das Alte nicht wirklich zu verstehen ist, denn Jesus (und auch Paulus) schöpfen aus der „jüdischen Bibel“, mit der sie aufgewachsen sind.
Der Antwortpsalm ist für jeden Sonntag so ausgesucht, dass er zur Lesung passt. Er wird vom Kantor vom Ambo aus vorgesungen, denn der Psalm ist ebenso biblische Verkündigung wie die Lesung. Die Gemeinde antwortet (daher der Name des Gesangs) mit einem gesungenen Kehrvers.
Was oft anders ist:
In vielen Gemeinden gibt es keinen Antwort-, sondern einen „Zwischengesang“, als ob der Abwechslung halber zwischen die Lesungen ein Lied eingestreut wird. Es geht aber nicht darum, irgendetwas zu singen; der Antwortpsalm soll vielmehr die Lesung noch einmal vertiefen – und mit alten Worten beten.
Praktischer Tipp:
Einige Psalmen sind als Psalmlieder vertont. Eine Liste findet sich hinten im Gotteslob im „Verzeichnis biblischer Gesänge“.
Zweite Lesung
Die zweite Lesung stammt aus den 21 neutestamentlichen Briefen. Die Leseordnung sieht (außer für die Advents- und Fas-tenzeit) vor, eine gewisse Zeit aus einem Brief zu lesen – allerdings mit großen Sprüngen. Lektoren sollten die Lesung mit der Anrede „Brüder und Schwestern“ beginnen, um den Briefcharakter zu betonen und alle Zuhörer anzusprechen. Auf die zweite Lesung erfolgt keine Antwort, sondern ein kurze Stille.
Was oft anders ist:
In den wenigsten Gemeinden werden drei Lesungen verkündet. In der Regel sucht der Priester die aus, die besser passt, verständlicher ist oder besser gefällt. Kann man machen – zumal es die Messe um einige Minuten verkürzt. Allerdings war es Ziel der Liturgiereform, den Gemeinden eine größere Fülle an biblischen Texten anzubieten – und die Vielfalt geht verloren.
Praktischer Tipp:
Versuchen Sie, die Gemeinde immer mehr an drei Lesungen zu gewöhnen. Vielleicht auch, indem Sie in kurzen einleitenden Worten den Zusammenhang der drei Bibelstellen erläutern. Sie sind nämlich wie ein gutes „Menü“, bei dem man keinen Gang versäumen sollte, aufeinander abgestimmt.
Hallelujaruf
Evangelium
Das Evangelium ist ein besonderer Teil der Verkündigung, denn dort spricht Christus selbst zu den Gläubigen. Einige Elemente machen dies deutlich: Die Gemeinde steht. Es wird vom Diakon/Priester verkündet. Und das Evangeliar wird in einer Prozession mit Kerzen (und eventuell Weihrauch) zum Ambo getragen. Dazu singt (außer in der Fastenzeit) die Gemeinde den Hebräischen Jubelruf „Halleluja“ („Lobet Jahwe“), ein Kantor kann den zum Evangelium passenden „Hallelujavers“ dazwischen singen. Ein festliches Vorspiel auf der Orgel hilft, diese „Begrüßung für Christus“ entsprechend jubelnd zu singen. Das Evangelium soll als „geschriebene Geschichte“ in der Regel vorgelesen werden; bei besonders feierlichen Anlässen kann es aber auch gesungen werden. Aber Achtung: Gut gesprochen ist immer besser als schlecht gesungen.
Was oft anders ist:
Die meisten Gemeinden unterscheiden nicht zwischen „Lektionar“ für die Lesungen und „Evangeliar“ für das Evangelium; entsprechend muss die Evangelienprozession ausfallen. Eine Prozession von Diakon/Priester, Kerzen- und Weihrauchträgern zum Ambo ist aber dennoch möglich. Und die Anschaffung eines Evangeliars mit schönem Einband (ca. 500 Euro) ist zumindest eine Überlegung wert.
Praktischer Tipp:
Es kann eine schöne Klammer sein, das jubelnde „Halleluja“ nach der Verkündigung des Evangeliums zu wiederholen, vor allem, wenn das Evangeliar (oder Lektionar) von Kerzen begleitet an einen anderen Ort gebracht wird. Manchmal ist dies der Altar, manchmal gibt es aber auch einen eigenen Buchständer, auf dem das Lektionar die ganze Woche über offen ausliegt und zum Bibellesen einlädt.
Von Susanne Haverkamp
Serie: Die Messe verstehen und gestalten