12.09.2015
Kommentar
Reli? Ja, bitte!
Von Susanne Haverkamp
Der Abgesang auf den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen wird immer wieder mal angestimmt. Schon in den 1970er Jahren war das so – auch deshalb, weil er damals oft schlecht war. Pädagogisch kaum ausgebildete Priester gestalteten ihn als Fortsetzung der Predigt mit anderen Mitteln; theologisch kaum ausgebildete fromme Lehrerinnen lasen Bibelgeschichten vor und ließen Bilder ausmalen.
Heute hat sich qualitativ viel getan. Die wissenschaftliche Ausbildung an den Universitäten und die (auch spirituelle) Begleitung durch die Fachstellen der Bistümer hat vielerorts für hohe Anerkennung gesorgt. Das erkennt man etwa daran, dass nur ein sehr kleiner Teil der getauften Schüler sich vom Religionsunterricht abmeldet – und dass selbst Ungetaufte, die eigentlich ein Ersatzfach wie „Werte und Normen“ oder „Ethik“ wählen könnten, sich nicht selten für den Religionsunterricht entscheiden. Und auch daran, dass es allen gesellschaftlichen Entwicklungen zum Trotz genügend Nachwuchs an Religionslehrern gibt. Dass Reli als „leicht“ gilt, kann nicht der Grund sein – immerhin wird für das „höhere Lehramt“ immer noch Latein und Griechisch gefordert, und in Abiturkursen kann das Fach leicht akademisches Niveau erreichen.
Dennoch steht der Religionsunterricht vor großen Veränderungen. Denn mit der sinkenden Quote der Taufen sinkt naturgemäß die Quote der Schüler. „Konfessionell kooperativ“ ist der Unterricht deshalb schon in manchen Gegenden, Hamburg erprobt sogar multireligiöse Formen.
Doch dann wird irgendwann die Grenze zur neutralen „Religionskunde“ fließend. Religion an der Schule zeichnet sich eben dadurch aus, dass ein Lehrer oder eine Lehrerin nicht rein sachlich-informativ unterrrichtet, sondern gleichzeitig als Mensch Zeugnis gibt von seinem eigenen Glauben. Und das kann man vielleicht noch als Christ, aber sicher nicht im multireligiösen Unterricht.
Doch wie kann Religionsunterricht in Zukunft gesichert werden? Vermutlich vor allem durch Qualität. Wenn der Unterricht „gut“ ist – und das heißt informiert, engagiert und lebensnah – dann setzt er sich durch: als „Pflicht“ genauso wie als freiwilliges Angebot. Kinder und Jugendliche haben ihre Sinnfragen nicht verloren. Sie suchen Orientierung im Leben und auch im Leiden. Hier Antworten zu bieten, ist die Aufgabe von Religion. Und je weniger Kinder mit ihren Familien in die Kirche kommen, umso wichtiger wird der Religionsunterricht in der Schule.
Von Susanne Haverkamp